Als Künstler*in selbstständig machen: die unternehmerische Seite (Teil 1)

Artista | Maria Chiariello

09. Mai 2024

Sich als Künstler*in selbstständig zu machen stellt für viele häufig einen diffusen Traum dar, von dem sie weder so genau wissen, wie dieser konkret aussehen sollte, noch wie sie diesen in die Tat umsetzen könnten. Aus diesem Grund folgt nun der erste Teil eines ausführlichen dreiteiligen Leitfadens „Als Künstler selbstständig machen – die unternehmerische Seite der Kunst“.

als kuenstler selbststaendig machen
Kunst trifft Business | Bild: Keenan Beasley

Im ersten Teil soll es um die bürokratische Seite der Selbstständigkeit gehen. Denn Selbstständigkeit ist nicht gleich Selbstständigkeit.

Bevor du also deinen Weg zum Finanzamt machst um dort freudig zu verkünden, dass du dich als Künstler*in selbstständig machen willst, solltest du im besten Fall folgende Dinge geklärt haben.

Selbstständigkeit ist nicht gleich Selbstständigkeit

Freiberuflichkeit oder Gewerbe?

Es gibt viele Möglichkeiten, wie du dich als Künstler*in selbstständig machen kannst.

Das hängt von diversen Faktoren ab. Prinzipiell handelt es sich bei dem Künstlerberuf um einen freien Beruf gemäß § 18 des Einkommenssteuergesetzes. Du musst also weder eine Qualifikation noch Zertifikate mitbringen. Wenn du dich freiberuflich meldest, dann musst du in keinerlei Kammer eintreten und musst auch keine Gewerbesteuer abführen.

Anders sieht das aus, wenn du dich gewerblich meldest, was als Künstler*in oder kreativer Solopreneur ebenfalls möglich (und je nach Tätigkeit sogar verpflichtend) ist. Ob du eher freiberuflich oder gewerblich eingestuft wirst, entscheidet deine Tätigkeit. Eine Abgrenzung ist nicht immer einfach und so obliegt die finale Entscheidung letztlich auch der Einschätzung des Finanz- und Gewerbeamtes. Als Faustregel lässt sich sagen: Je höher der Gebrauchswert der künstlerischen Produkte, desto eher handelt es sich um ein Gewerbe oder Handwerk. Das kann z.B. bei Fotografen, Kunsthandwerkern und Webdesignern der Fall sein.

Auf der sicheren Seite bist du daher erst, wenn du dich beim zuständigen Finanzamt beraten lässt. Eine Änderung von der Freiberuflichkeit hin zum Gewerbe kann prinzipiell auch nachträglich erfolgen, birgt aber das Risiko teurer Nachzahlungen, wenn im Nachhinein die gesamte Gewerbesteuer erhoben wird. Daher gilt hier: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Hauptberuf oder Nebenberuf?

Bevor du dich ins Abenteuer des Künstlerberufs stürzt, solltest du dir unbedingt Gedanken darüber machen, ob du dich als Künstler*in im Haupt- oder Nebenerwerb selbstständig machen möchtest. Die Vor- und Nachteile solltest du sorgfältig abwiegen.

Eine nebenberufliche Selbstständigkeit birgt den großen Vorteil, dass du ein sicheres Einkommen aus deiner Haupttätigkeit hast und damit keinem großen finanziellen Risiko ausgesetzt bist, wie das in einer hauptberuflichen Gründung der Fall wäre. Der Nachteil ist, dass du zwei Jobs stemmen musst und dich nicht zu 100 % auf deine Selbstständigkeit als Künstler*in konzentrieren können wirst. Es gilt daher das Modell zu finden, was am besten zu dir und deiner individuellen Lebenssituation passt. Das wird von Typ zu Typ unterschiedlich sein und ist daher eine individuelle Entscheidung.

Soloselbstständig (Einzelunternehmer) oder mehrere Mitglieder?

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage, ob du dich ganz allein selbstständig machst oder es noch weitere Mitgründer gibt. Bei einem Künstlerduo z.B. ist die gängigste (und günstigste) Rechtsform die GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), die als juristische Person gilt. Weitere (kostspieligere) Varianten sind GmbHs o.ä.

Hier empfehle ich die Hilfe von einem Rechtsberater zurate zu ziehen, da jede Rechtsform ihre eigenen Vor- und Nachteile mitbringt.

Die Kleinunternehmerregelung

Zu Beginn deiner Selbstständigkeit (vor allem im Nebengewerbe) wirst du mit großer Wahrscheinlichkeit keine Umsätze über 22.000 € erzielen. In dem Fall bist du also nicht umsatzsteuerpflichtig. Du weißt auf deinen Rechnungen keine Steuer aus und musst daher auch nichts ans Finanzamt abführen. Das vereinfacht gerade zu Beginn deine Buchhaltung ungemein.

Erst wenn du Umsätze über 22.000 € jährlich erzielst, verlierst du deinen Status als Kleinunternehmer*in und wirst damit steuerpflichtig. Ab dann musst du die Mehrwertsteuer separat auf deinen Rechnungen ausweisen und diese dann von deinen Umsätzen abziehen. In der Regel führst du diese Steuer dann monats- oder quartalsweise vorab an dein Finanzamt ab.

Hier gilt es gut mit dem Einkommen zu haushalten und stets im Hinterkopf zu behalten, dass das Finanzamt seinen Teil haben will, bevor du deinen hart verdienten Lohn auf den Kopf schlägst.

Steuerberatung?

Ich weiß, dass viele Künstler*innen und kreative Solopreneure sich sehr schwer mit der Buchhaltung tun und am liebsten nichts damit zu tun haben wollen. Daher suchen sie sich meist schon ganz zu Beginn einen Steuerberater, der sich für sie um alles kümmern soll.

Ich halte das für unklug. Gerade am Anfang der Selbstständigkeit ist die eigene Buchhaltung extrem überschaubar, in der Regel ist man Kleinunternehmer und hat nur geringe Einnahmen und Ausgaben. In diesem Stadium würde ich meine Steuererklärung immer selbst machen, einfach um ein Gefühl dafür zu bekommen und zu wissen, wie das funktioniert. Ich z.B. mache meine Steuererklärung heute noch und habe noch nie Probleme damit gehabt. Ein oder zweimal kam es vor, dass ich Eingaben falsch eingab, dann gab es eine Rückfrage und/oder das Finanzamt trug die Eingaben von sich aus in die richtige Spalte ein. Du kannst gerade am Anfang nicht viel falsch machen.

Interessant wird ein Steuerberater für dich dann, wenn du höhere Umsätze erzielst, deine Einnahmen und Ausgaben allmählich unübersichtlich werden, du mit verschiedenen Auftraggebern, im Inland und Ausland tätig bist usw.

Beachte, dass du als Selbstständige*r keinen Anspruch auf eine kostenlose Steuerberatung hast. Lohnsteuerbüros arbeiten nur für Angestellte. Als Selbstständige*r musst du den Steuerberater aus eigener Tasche bezahlen.

Existenzgründungsberatung & Gründungsförderprogramme

Es gibt von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichste Fördertöpfe und Hilfsprogramme für angehende Gründer*innen. Obgleich der kreative Sektor dabei häufig unterrepräsentiert ist, kann es trotzdem nicht schaden sich zu informieren, ob es womöglich ein passendes Angebot gibt, welches auf die eigene Gründungsidee passt. In der Regel ist dafür das Erstellen eines ausführlichen Businessplanes nötig. Alternative Wege die eigene Selbstständigkeit zu finanzieren können Stipendien oder Förderkredite sein. Ich hänge dir in den Quellen (s.u.) weitere hilfreiche Links an, wo du dich informieren kannst.

Ich persönlich habe leider in Bezug auf Gründungsförderungen keine guten Erfahrungen gemacht. Als ich mich vor rund 10 Jahren selbstständig machte, bin ich guter Dinge verschiedenste Anlaufstellen abgelaufen, aber letztlich bin ich als darstellende Künstlerin immer hinten heruntergefallen. Meine Erfahrung (und das, was mir Mentees regelmäßig schildern) ist, dass die meisten Gründungsberatungen mit künstlerischer Gründung wenig anfangen können und daher viele Fragen gar nicht beantwortet werden können. Auch Fördertöpfe für den Kunstsektor sind rar gesät. Also würde ich nicht darauf setzen.

U.a. aus diesem Grund habe ich das Künstlermentoring für angehende selbstständige Künstler*innen ins Leben gerufen. In einer individuellen Begleitung 1:1 widme ich mich allen anfänglichen Fragen und gehe jeden Schritt für den Start in die Selbstständigkeit mit meinem Mentee durch. Der Vorteil gegenüber einer klassischen Gründungsberatung ist der, dass ich im Kunstsektor selbstständig bin und den Weg daher bereits gegangen bin. Ich kenne die Herausforderungen, die eine Selbstständigkeit als Künstler*in mitbringt und kann bei vielen Dingen aus Erfahrung sprechen. Mentees profitieren zudem von meiner Expertise und meinen Kontakten.

Die Künstlersozialkasse (KSK)

Es gibt nicht viele finanzielle Vorteile als selbstständige*r Künstler*in, aber die KSK ist immerhin einer. Die gesetzliche Sozialversicherung wurde speziell für Künstler und Publizisten eingerichtet. Im Grunde fungiert sie für dich als Künstler*in wie ein fiktiver Arbeitgeber. Das hat den großen Vorteil, dass sich dein monatlicher Versicherungsbeitrag damit in Grenzen hält. Da es sich bei der KSK um eine Pflichtversicherung handelt, musst du dich, ab dem Moment deiner Selbstständigkeit dort anmelden. Versichert bleibst du bei deiner gesetzlichen Krankenversicherung, lediglich die Abgaben leistest du an die KSK. Der Mindestumsatz bei der KSK ist auf 4500 € / Jahr festgesetzt. Danach bemisst sich u.a. auch der monatliche Mindestbeitrag: dieser liegt dann bei etwa 85 €.

Fazit

Sich als Künstler*in selbstständig zu machen ist ein aufregendes Abenteuer und viele Künstler*innen träumen davon, ihre Passion zum Beruf zu machen. Doch die Selbstständigkeit bringt nicht nur Unabhängigkeit, kreatives Schaffen und Spaß an der Arbeit mit sich, sondern – gerade zu Beginn – auch eine ganze Menge Bürokratie. Als Berufskünstler*in lernst du die unternehmerische Seite der Kunst kennen und diese kann auch mal überfordernd sein.

Daher möchte ich dir einen Leitfaden an die Hand geben, der dir deine ersten Schritte erleichtern soll. Im heutigen Artikel haben wir Rechtsformen, den Unterschied zwischen Freiberuflichkeit und Gewerbe, sowie weitere wichtige Aspekte kennengelernt, über die du dir vor deiner Gründung Gedanken machen solltest.

Im nächsten Artikel möchte ich dich mit einem kleinen Reality-Check mitnehmen in die Welt der selbstständigen Künstler nehmen und dir zeigen, was es konkret bedeutet selbstständig als Künstler*in zu sein.

Quellen und weiterführende Informationen:

https://www.kuenstlersozialkasse.de/kuenstler-und-publizisten/voraussetzungen

https://www.kultur-kreativ-wirtschaft.de/KUK/Redaktion/DE/Standardartikel/freier-beruf-gewerbe.html

https://kmkb.de/leistungen-fuer-kuenstler/beratung-zum-avgs/ (für Künstler*innen, die aus der Arbeitslosigkeit heraus gründen)

https://www.kultur-kreativ-wirtschaft.de/KUK/Redaktion/DE/Publikationen/2019/alles-nur-kein-unternehmer.pdf (Ausführlicher Ratgeber zum Download)

Im zweiten Artikel soll es um das Leben als Berufskünstler*in gehen. Folgende Fragen schauen wir uns an u. a.: Was bedeutet es konkret als Künstler*in selbstständig zu sein, welche Fähigkeiten benötigst du, worauf solltest du dich gefasst machen? 

Artista

Artista | Maria Chiariello

Ich bin Berufskünstlerin und Mentorin. Hier schreibe ich über künstlerisch-kreatives Potenzial in beruflichen Kontexten. Ich freue mich, wenn ich inspirieren kann.

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