„Wer sich mit der Kunst verheiratet, bekommt die Kritik zur Schwiegermutter“, sagte Hildegard Knef einst.
Oder wie Aristoteles bereits vorher wusste: „Es gibt nur einen Weg, um Kritik zu vermeiden: Nichts tun, nichts sagen, nichts sein.“
Fakt ist: Kritik ist unvermeidlich. Trägst du deine Kunst in die Welt, bist du ein potenzielles Opfer. Ein Angriff auf deine Kunst kann dich verletzlich machen und persönlich treffen. Und mit persönlicher Kritik haben die meisten Menschen grundsätzlich Schwierigkeiten. Häufig steckt dahinter schlicht Unsicherheit und Selbstzweifel. Je geringer dein Selbstwertgefühl ist, desto empfindlicher reagierst du auf Kritik.
Je nachdem wie hart dich die Kritik an deiner Kunst trifft, wirst du entweder versuchen dich zu verteidigen, dich rechtfertigen, wütend werden, die Kritik abblocken und/oder dein Gegenüber angreifen. Oder vielleicht frisst du die Kritik auch stillschweigend in dich hinein und ärgerst dich noch Wochen später darüber. Kommt dir das bekannt vor?
Wenn du Künstler*in bist, dann identifizierst du dich mit deiner Kunst. Sie ist ein Teil von dir und jeder Angriff darauf fühlt sich an wie ein Angriff auf deine Person. Doch dem ist nicht so. Und das Traurige: es hilft dir nicht weiter.
Kritik hat meiner Meinung nach ein viel zu schlechtes Image. Der Begriff ist negativ konnotiert und wird häufig als Bewertung und Verurteilung verstanden. Viele empfinden Kritik als demütigend und fürchten sich regelrecht vor destruktiven Aussagen. Natürlich kann auch das mal vorkommen. Aber grundsätzlich ist Kritik einfach nur eine Meinung oder Einschätzung. Und diese kann sowohl positiv als auch negativ sein.
Konstruktive Kritik in Form von positivem Feedback, ist eine wunderbare Möglichkeit dich weiterzuentwickeln und zu verbessern. Sie kann dein Antrieb sein. Nur wenn du Kritik gegenüber aufgeschlossen eingestellt bist, kannst du deine eigene Leistung differenziert betrachten und an den Details feilen.
Hand aufs Herz
Sei ehrlich zu dir selbst und frag dich in einer Situation, in der du dich kritisiert fühlst, ob die Worte deines Gegenübers wirklich verletzend waren oder ob du diese womöglich einfach nur überinterpretiert hast.
Gründe für Kritikunfähigkeit sind vielfältig und die Auslöser sind häufig in der Kindheit und Sozialisierung zu finden. Oft haben Menschen ein sehr ausgeprägtes Bedürfnis nach Anerkennung und Bewunderung, verbunden mit einem sehr hohen Anspruch-Denken. Hinter einem starken Schutzwall an Unnahbarkeit, versteckt sich oft Verletzlichkeit, Angst davor Schwäche zu zeigen, Einsamkeit und ein fehlendes Selbstwertgefühl. Kritik wird dann per sé als Angriff gegen die eigene Persönlichkeit verstanden und durch einen Gegenangriff abgewehrt. Sehr oft sind leistungsorientierte Erziehung, fehlende emotionale Wärme, fehlende Grenzen, sowie die Einstellung, dass Zuwendung nur durch bestimmte Leistungen erreicht werden kann, schuld an mangelnder Kritikfähigkeit. Viele Menschen wachsen in dem Glauben auf, ihre Schwächen verbergen zu müssen. Schwäche ist für viele Menschen gleichbedeutend mit Ablehnung. Wer sich hingegen geliebt und angenommen fühlt, hat in der Regel kein Problem mit Kritik.
Kritik an deiner Kunst ≠ Kritik an deiner Person
Der erste Schritt, um kritikfähiger zu werden, besteht darin, dass du dir vor Augen führst, dass nicht jede Kritik an deiner Kunst einen Angriff deiner Person bedeutet, sondern einfach nur eine Fremdmeinung darstellt.
Dein Gegenüber wird dich in den seltensten Fällen persönlich verletzen wollen, sondern einfach nur eine eigene Einschätzung geben wollen. Viele Menschen kritisieren Künstler*innen oder geben gerne ihre Meinung (ungefragtes Feedback) kund, weil sie denken, dass sich das so gehöre. Sie meinen es gut und wollen dir damit weiterhelfen. Schließlich haben sie in der Schule gelernt, dass eine Note und Feedback wichtig sind, damit wir uns weiterentwickeln.
Fakt ist: Nicht jeder mag deine Kunst – und das ist okay. Ja, ich weiß, Künstler*innen neigen zu Beginn gerne dazu, ihre Kunst möglichst allen zur Verfügung stellen und mit der ganzen Welt teilen zu wollen. Das ist eine schöne, aber auch naive Vorstellung. Denn daraus wird ein falscher Umkehrschluss getroffen: nämlich der, dass jeder dich und deine Kunst mögen wird/muss. Dem ist nicht so. Je einzigartiger du künstlerisch bist, desto mehr polarisierst du in eine Richtung. Du wirst deine Zielgruppe und dein Publikum mit der Zeit finden. ALLE ist keine Zielgruppe.
Menschen, die deine Kunst nicht mögen oder sie kritisieren, zeigen damit eigentlich nur, dass sie einen anderen Geschmack haben und nicht zu deiner potenziellen Zielgruppe gehören. Das ist für dich kein Grund, in Zweifel zu versinken.
Selbstbewusstsein ist Key!
Ganz wichtig ist, dass du an deinem Selbstbewusstsein arbeitest. Du solltest dir in kritischen Situationen bewusst Zeit nehmen und in Ruhe über die gesagten Dinge nachdenken; so läufst du nicht Gefahr, vorschnell von deinen eigenen Gefühlen übermannt zu werden. Mit ruhigem Kopf kannst du entscheiden, wie du die Kritik bewertest und wie du darauf reagieren kannst.
Es kann dir in bestimmten Situationen durchaus helfen, dich für die entgegengebrachte Kritik zu bedanken. Zum einen signalisierst du deinem Kritiker, dass du seinen Einwand ernst nimmst und zum anderen erarbeitest du dir langsam eine neue Einstellung, in der du dir eingestehst, dass Kritik eine Chance sein kann. Du solltest nicht gegen Kritiker ankämpfen und nicht alles persönlich nehmen, sondern auf der sachlichen Ebene bleiben. Es macht mehr Sinn sich zu fragen, warum die Kritik geäußert wurde und was daraus gelernt werden kann, anstatt sich zu ärgern.
Gute und schlechte Kritik unterscheiden
Natürlich kommt destruktive Kritik vor. Und es ist für dich als Künstler*in wichtig, dich von ungerechtfertigter Kritik und bösen Kritikern zu distanzieren. Schlechte Kritik erkennst du daran, dass die Kritik ohne argumentative Ebene und ohne Lösungsvorschläge geäußert wird. Möglicherweise wirst du für etwas Banales kritisiert, für das du gar nicht verantwortlich bist. Böse Kritiker („Trolle“) projizieren meist ihre eigene Unzufriedenheit auf Andere und haben nur im Sinn den Anderen niederzumachen, um von den eigenen Schwächen abzulenken. Es ist wichtig das zu verbalisieren und dich davon zu distanzieren (innerlich als auch äußerlich). Mach dir bewusst: das Problem liegt nicht bei dir. Die Kritik hat nichts mit dir zu tun. Versuch‘ es mit einem Schulterzucken zu vergessen. Sollte die Kritik soweit unter die Gürtellinie gehen, dass ganz klar Grenzen überschritten wurden, dann kannst du das kundtun. Du musst dir als Künstler*in nicht alles gefallen lassen. Das Einstehen für die eigenen Werte gehört dazu!
Merke: Konstruktive Kritik ist immer freundlich, empathisch und enthält einen gut gemeinten Lösungsansatz; der Kritiker bemüht sich um eine Art und Weise, die nachvollziehbar ist und möchte verstanden werden. Destruktive Kritik hingegen möchte provozieren und bietet keinerlei Lösungsansatz.
Achte auf die Metaebene: Von wem kommt die Kritik?
Auch die Metaebene von dir und deinem Kritiker ist ein wichtiger Faktor: Wenn du selbst Künstler*in bist und ein bestimmtes Feedback zur Umsetzung deiner Werke einholen möchtest, dann ist es sinnvoll Künstler einer ähnlichen Sparte um Rat zu fragen. Wenn du daran interessiert bist, wie deine Betrachter deine Werke wahrnehmen, dann solltest du jemand Fachfremdes um eine Meinung bitten.
Ich persönlich schätze gute Kritik sehr. Dabei mische ich sowohl „Künstlerkritik“- als auch allgemeines Feedback gerne und gleiche Schnittmengen ab. Es ist immer wieder erstaunlich, wie gut auch (selbsternannte) „Kulturbanausen“ Unstimmigkeiten wahrnehmen, auch wenn sie vielleicht nicht genau sagen können, was da „komisch“ ist.
Im musikalischen Bereich ist das sehr oft zu beobachten: auch vermeintlich unmusikalisches Publikum erkennt, ob ein*e Musiker*in gut spielt oder die Töne an mancher Stelle nicht trifft. Es lohnt sich also besonders, die eigene Zielgruppe um Feedback zu bitten.
Versöhne dich mit deiner inneren Kritikabteilung
Um kritikfähiger zu werden, solltest du dich nicht bei jeder Kleinigkeit infrage stellen. Ein geringes Selbstwertgefühl und ein ausgeprägter Perfektionismus sind ein Anzeichen, dass du zu hart zu dir selbst bist.
Eine gesunde Selbstwahrnehmung hilft dabei, Kritik richtig einzuordnen. Wenn ich meine Fremd- und Selbstwahrnehmung miteinander abgleiche, dann kann ich einschätzen, ob die geäußerte Kritik gerechtfertigt ist oder ob es sich nur um eine Einzelmeinung handelt.
Auch solltest du dich mit deiner eigenen, inneren Kritikabteilung beschäftigen: jeder Mensch ist selbstkritisch, es ist jedoch wichtig, empathischer und mitfühlender mit sich selbst umzugehen – es nützt nichts, sich selbst immer nur schlecht zu machen. Fehler sind normal, kleine Schwächen hat jeder – das solltest du akzeptieren und nicht ablehnen. Selbstliebe, Selbstannahme und ein positiver Glaube an dich selbst, sind ein guter Start, um das Verhältnis zwischen dir und der Kritik zu verbessern. Natürlich passiert dies nicht von heute auf morgen, aber in kleinen Schritten kannst auch du nach und nach zu einem entspannten, kritikfähigen Künstler werden. Mach dir bewusst, dass es ein langwieriger Prozess werden wird.
Als Künstler*in, mit Kritik umzugehen, ist ein sensibles Thema. Eigene Unsicherheiten und Selbstzweifel können dazu führen, dass auf gutgemeintes Feedback grundsätzlich ablehnend reagiert wird. Das hilft keinem. Kritik kann sowohl konstruktiv als auch destruktiv sein. Grundsätzlich handelt es sich um eine Fremdmeinung und -einschätzung, die dir dabei helfen kann, dich künstlerisch weiterzuentwickeln und aus Fehlern zu lernen. Dabei spielen Lob und Kritik eine große Rolle.
Wenn du sensibel auf Kritik reagierst, dann hat das verschiedene Ursachen. Glücklicherweise kannst du lernen, besser mit Kritik umzugehen und entspannter zu werden. Selbstbewusstsein, Reflexion und eine gesunde Beziehung zum Thema Kritik sind hierbei wichtig.
Weiterführende Links:
Gehörst du auch zu den Künstler*innen, die noch mit inneren Zweifeln und Unsicherheiten zu kämpfen haben und daher hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben? In meinen Mentorings spielt die Arbeit an der inneren Einstellung sowie das Reflektieren und Loslassen von negativen Glaubenssätzen eine große Rolle, um beruflich & künstlerisch weiterzukommen.
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Ich bin Berufskünstlerin und Mentorin. Hier schreibe ich über künstlerisch-kreatives Potenzial in beruflichen Kontexten. Ich freue mich, wenn ich inspirieren kann.
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