Erfolgreich als Künstler*in ohne Social Media?

Artista | Maria Chiariello

02. Mai 2024

Social Media ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Schätzungsweise 100 Mio. Freelancer verdienen online ihr Geld. Ist es heutzutage überhaupt möglich als Künstler*in ohne Social Media erfolgreich zu werden?

Ausstellung, Vernissage
Leben spielt sich nach wie vor offline ab | Bild: Markus Spiske

Ohne die sozialen Medien läuft heutzutage nichts mehr, so lautet zumindest die Meinung vieler Kreativer und Künstler*innen. Vor allem, wenn du dich gerade selbstständig machst, gründest oder eine richtige Marke werden willst, kommst du um Social Media nicht mehr herum, da sind sich die Meisten einig. 

Aber ist das wirklich so? Schauen wir uns zunächst einmal Argumente pro soziale Medien an, die in dem Kontext immer wieder angeführt werden: 

Folglich benötigst du die sozialen Medien, 

  • weil du ohne die sozialen Medien nicht gefunden wirst, ergo: unsichtbar bleibst
  • weil du ohne die sozialen Medien nicht weißt, was da draußen abgeht
  • weil du ohne die sozialen Medien keinen Kundenstamm aufbauen kannst
  • weil du ohne die sozialen Medien keine Kundenakquise betreiben kannst
  • weil du ohne die sozialen Medien keine Reichweite und Interaktion aufbauen kannst
  • weil die sozialen Medien (bzw. online) der leichteste Weg sind, um schnell zu wachsen und eine Marke aufzubauen

Soweit so gut. Diese Argumente mögen womöglich in bestimmten Kontexten stimmen, aber pauschalisieren lassen sie sich keinesfalls. Eigentlich fällt mir auch nur ein einziger Fall ein, in welchem diese Argumente durchaus Sinn ergeben können – und das ist das Umfeld eines reinen Online-Geschäftes.

Klar, wenn du gerade planst ein Geschäftsmodell auf Basis von Social Media aufzubauen, z.B. Socken bei Instagram verkaufen willst, dann wirst du um einen Social-Media-Account dort wohl nicht drumherum kommen. 😉

Nehmen wir aber an, du willst dich im kreativen Bereich selbstständig machen, hast vielleicht vor ein eigenes Studio zu eröffnen und dort regelmäßig Kurse o.ä. zu geben, dann kannst du wahrscheinlich auf einen Social-Media-Account verzichten. Genauso verhält es sich, wenn du planst, einen Club oder Laden aufzumachen. Deine Arbeit am Anfang sollte dann eher im Netzwerken bestehen. Natürlich kannst du dafür auch die sozialen Medien zur Hilfe nehmen, aber letztlich ist es immer eine Frage der Effektivität. Und aus Erfahrung kann ich sagen: einem Menschen face-to-face von einem Vorhaben zu erzählen, bringt 100x mehr, als wenn du den ganzen Tag versuchst auf den sozialen Medien Fremde von deinen Ideen zu überzeugen.

Social-Media-Plattformen sind Konditionierungsmaschinen

Letztlich funktionieren alle Social-Media-Plattformen nach dem gleichen Prinzip: du hast ein Profil, welches du mit Inhalten füllst. Gefallen deine Beiträge den anderen Mitgliedern, dann bekommst du Likes. Gefallen sie diesen nicht, dann bekommst du – je nach Plattform – entweder gar nichts oder sogar Dislikes („Daumen nach unten“). Außerdem haben die Mitglieder die Möglichkeit ein Abo dazu lassen und dir damit zu folgen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass wir natürlich mit unseren Profilen Inhalte bereitstellen möchten, die möglichst viele ansprechen, viele Likes bringen und dafür sorgen, dass uns gefolgt wird. Logisch.

Doch was bringt uns das eigentlich konkret? Gerade wenn wir selbstständig sind und an unserem Markenaufbau arbeiten, besteht eine der wichtigsten Prioritäten darin, möglichst an Kunden zu kommen, um von unserem neuen Job schnellstmöglich leben zu können – nicht wahr?

Follower sind nicht gleich Kunden

Erreichen wir das mit einem hübschen Social Media Profil? – Nicht wirklich. Denn Likes & Follower sind zunächst einmal keine Kunden!

Follower zu Kunden zu machen bedarf weiterer Arbeit und einem starken Beziehungsaufbau. Ich sage nicht, dass es unmöglich ist, aber definitiv wird es schwer und es ist utopisch zu denken, dass der größte Teil der Follower/Abonnenten irgendwann zu barer Münze wird. Eine Geschäftsbeziehung ist meist vergleichbar mit einer guten Freundschaft. Sie ist an Erwartungen geknüpft und die Chemie muss stimmen. Gerade wenn die Produkte oder Dienstleistungen kostspielig sind, möchten wir zu 100 % überzeugt sein, sonst kaufen wir nicht. Ein schöner Feed auf den sozialen Medien reicht dafür leider erfahrungsgemäß nicht aus.

Es ist ganz wichtig zu verstehen, dass ein gut laufender Social-Media-Account noch lange nicht bedeutet, dass er auch finanziell etwas abwirft. Nehmen wir mal an, du bist Musiker und postest regelmäßig Videos aus deinen Probe-Sessions. Dein Account wächst, die Leute feiern dich, mögen deine Musik, geben dir lauter Daumen und interagieren sogar in Folge von Kommentaren mit dir. Schön! Eine wachsende Community ist toll.

Dann ist es irgendwann so weit: du spielst in deiner Heimatstadt einen Auftritt und teilst deinen Followern diese Info mit. Was glaubst du, wie viele aus deiner Community zu diesem Auftritt kommen werden? 😉 Gerade, wenn du vielleicht Abonnenten von überall her hast…

Aus Erfahrung kann ich dir sagen: der Prozentsatz ist verschwindend gering. Die meisten virtuellen Follower werden nie zu richtigen Kontakten. Zwischen einem Klick auf einen Button und wahrem Interesse sind immer noch Welten.

Es bedarf weitaus mehr als das Abonnement auf einem Social Media Profil, um Follower in Kunden zu verwandeln. Der Weg dahin ist anstrengende Arbeit und ein Feld für sich. Wenn du nicht gerade sowieso den ganzen Tag am Rechner sitzt, weil du ein Online-Geschäft betreibst, wirst du dieses Zeit-Investment in den meisten Fällen gar nicht schaffen. Es ist vertane Liebesmüh, wenn du versuchst „nebenher“ auch die sozialen Medien zu bespielen. Ich kenne Personal Brands, die etwa 5–6 Std. täglich an Plattformen wie LinkedIn, YouTube o.ä. sitzen, Beiträge schreiben, Beiträge kommentieren, Kommentare beantworten und und und. Mit dem Absetzen eines „schnellen Gedankens“ ist es oftmals nicht getan. Das Wichtige ist immer noch die Interaktion und der Vertrauensaufbau, welcher letztlich auch Bestandteil einer Kundenbindung ist.

Willst du Künstler*in oder Content Creator sein?

Möchtest du deine Zeit mit dem Erstellen von Inhalten für die sozialen Medien oder lieber mit dem Ausführen einer erfüllenden Tätigkeit verbringen?

Um es kurz zu machen: der Aufbau eines gut laufenden Social-Media-Kanals ist ein eigenständiges Projekt, welches Zeit und auch Geld in Anspruch nimmt. Möchtest du richtig viel Reichweite aufbauen, dann wirst du um das Schalten von Werbung selten herumkommen.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, wenn ich auch noch auf Datenschutz & Datenethik eingehen würde. Daher nur der Hinweis, dass du dich auch immer fragen solltest, ob du ein Monopol wie z.B. Facebook (Instagram, Threads) überhaupt vertreten kannst und Geld – in Form von Werbung – in diese Maschinerie hineinpumpen möchtest oder dich lieber nach vertretbaren Alternativen umschaust. 

Welche Alternativen zu Social Media können selbstständige Künstler*innen nutzen?

Der wichtigste Aspekt für kreative Solopreneure besteht in der Neukundengewinnung und Akquise. Das bedeutet, dass du Menschen für dein Produkt oder deine Dienstleistung begeistern musst, damit diese bei dir kaufen. Was sich so einfach schreibt, ist in der Praxis ein komplizierter Prozess. „Verkaufen“ will gelernt sein. 

Durch Training zum Kundenaufbau

Die gute Nachricht ist, dass niemand als Verkaufsgott vom Himmel fällt. Du wirst es also als Solopreneur früher oder später lernen und besser darin werden.

Gerade am Anfang ergibt es viel Sinn, wenn du deine „Pitch Fertigkeiten“ trainierst, in dem du einfach jedem Menschen, den du triffst, von deinem Geschäft erzählst. Dadurch passieren zwei Dinge: 1. du wirst immer besser darin dein Geschäft kurz und knapp zu beschreiben und deine Vision klar zu formulieren, 2. du netzwerkst und bleibst bei deinem Gegenüber im Kopf.

Netzwerken, Netzwerken, Netzwerken

Geh’ dabei strategisch vor. Werde dir deiner Zielgruppe bewusst und such’ dir gezielt Veranstaltungen, auf denen deine Zielgruppe aktiv ist. Aus lockeren Gesprächen ergeben sich in der Regel die besten Beziehungen. Sei präsent. Damit bist du in der Szene sichtbar und die Leute werden sich an dich erinnern. Die Chance ist groß, dass sie dann irgendwann (in Form von Kunden) auf dich zukommen.

Geduld ist die Mutter der Porzellankiste

Die Betonung liegt bewusst auf „irgendwann“. Schon mal vorweg: du brauchst einen langen Atem. Ein großes Netzwerk wird nicht von heute auf morgen zu einem Kundenstamm. Manchmal vergehen Jahre, bis ein Kontakt sich erinnert und auf dich zurückkommt. Sei dir stets bewusst, dass deine Netzwerkarbeit ein langfristiger und nachhaltiger Prozess ist.

Deine Webseite ist deine digitale Visitenkarte

Es gibt Marketingexperten da draußen, die behaupten, dass Social Media Profile heutzutage wichtiger sind als eine eigene Webseite. Manche gehen so weit zu postulieren, dass ein LinkedIn Profil sogar deine Webpräsenz ersetzen kann. Ich bin kein großer Freund davon. Ich bin überzeugt, dass eine Webseite (und wenn es nur eine einfache Landing-Page ist) definitiv zu einem Must-have als Selbstständige*r gehört. Sieh es als deine Visitenkarte im Netz, der Dreh- und Angelpunkt, wenn es darum geht, mit dir in Kontakt zu kommen.

Wenn du wie ich einen Blog betreibst, dann wirst du feststellen, dass die Blog-Beiträge dir Webseiten-Aufrufe und Sichtbarkeit bescheren. Dieses Potenzial kannst du definitiv nutzen. Es ist sinnvoll, sich mit SEO und Traffic-Aufbau zu beschäftigen. Die eigene Webseite kann dabei das Mutterschiff sein, von welchem aus alles ausgeht. Es ersetzt damit jedes soziale Medium.

Kontakte sind gut, Community ist besser

Bedenke, dass Netzwerke in sich zusammenfallen, wenn keine Interaktion stattfindet. Stell dir vor, du gehst ein Jahr lang jeden Monat auf Netzwerkveranstaltungen, führst nette Gespräche, sammelst Visitenkarten und heftest diese in einem Ordner ab. Andere praktizieren das ähnlich. Aus den Augen, aus dem Sinn. Du gerätst in Vergessenheit.

Es ist sinnvoll, das Netzwerk zu pflegen, in dem du regelmäßigen Kontakt zu potentiell spannenden Menschen hältst. Natürlich ist es super aufwendig, wenn du versuchst mit jedem einzelnen in Kontakt zu bleiben. An der Stelle kann eine Email-Liste bzw. ein Newsletter-Verteiler sinnvoll sein.

Newsletter, um Eigenwerbung interessant zu gestalten

Das Schöne: heutzutage gibt es viele tolle und einfach umsetzbare Komplettlösungen für sogenanntes Email-Marketing. Ich nutze für meinen Newsletter z.B. das WordPress-Plugin “Newsletter”, welches einfach in der Handhabung ist und keine Wünsche offen lässt. Newsletter sind tolle Möglichkeiten, um interessante Neuigkeiten oder Eigenwerbung an Interessierte weiterzuleiten. Der Nebeneffekt: durch die regelmäßigen Newsletter bleibst du mit deinen Lesern in Kontakt. Außerdem kannst du dir sicher sein, dass jeder deiner Abonnenten deine Email auch erhält. Anders als auf den sozialen Medien, wo du von den Algorithmen abhängig bist, welche deine Beiträge oftmals gar nicht all deinen Kontakten ausstrahlen.

Print-Medien sind nicht zu unterschätzen

Jeder von uns hat schon einmal eine schöne Postkarte oder einen toll designten Flyer an seinen Kühlschrank gepinnt. Stell dir vor, du lässt dir keine langweiligen Visitenkarten drucken, sondern hast stattdessen knallbunte, auffällige Postkarten oder Sticker, welche andere mitnehmen.

Unterschätze nie das Potential von Print-Medien, welche du potentiellen Interessenten in die Hand drücken kannst. Werbung lässt sich mit ein wenig Kreativität visuell so aufbereiten, dass die Menschen sie gerne mitnehmen und jahrelang behalten. Als Künstler*in dürfte dir doch sicher etwas einfallen. 

Sprich aktiv Menschen an

Für alles was du machst, gibt es entsprechende Plattformen und Menschen, welche in dem Bereich etabliert sind. Es ist utopisch, zu versuchen, alles selbst zu realisieren. Such’ dir also Verbündete und bilde sinnvolle Synergien. Wenn du z.B. einen eigenen Blog betreibst, dann such’ dir zusätzlich dazu fremde Blogs, auf denen du Gast-Artikel schreiben kannst. Wenn du einen Podcast oder YouTube Account bespielst, dann such’ dir spannende Interview-Partner, welche deine Inhalte auf Ihren Seiten weiterteilen können usw.

Nutze die Vorteile unserer vernetzten Welt. All das bietet dir kostenlose Sichtbarkeit und vergrößert deinen eigenen Traffic.

Fazit: Sei präsent in der „analogen Welt“!

Die sozialen Medien sind stets der Versuch die analoge Welt digital abzubilden und zu kopieren. Mit dieser Erkenntnis kannst du somit alle Strategien des Online-Marketings nehmen und auf das richtige Leben anwenden.

Wenn du also sichtbar sein willst, dann sei sichtbar. Statt Massenmails, kannst du Flyer/Postkarten verteilen. Statt Werbunganzeigen auf den sozialen Medien zu schalten, kannst du Werbung in für dich relevanten Zeitschriften schalten. Oder du nutzt entsprechende Bezahlplattformen und schaltest dort gegen Entgelt Werbeprofile für dich frei. Statt von morgens bis abends Instagram und Facebook mit Beiträgen zu fluten, kannst du private Nachrichten an potentielle Interessenten versenden oder Telefon-Akquise betreiben. Wenn du dir das zutraust. 

Denke dabei stets daran, dein Netzwerk zu pflegen. Strebe nach den richtigen Dingen, welche dich voranbringen und verschwende deine Zeit nicht mit ineffizienten Optionen, nur weil sie erstmal naheliegender erscheinen. 

Ich wünsche dir bestmöglichen Erfolg für all deine Vorhaben und hoffe, dass ich dir mit meinem Artikel die Augen für alternative Möglichkeiten öffnen konnte. Wenn du konkret Unterstützung oder eine individuelle Begleitung suchst, dann melde dich gern bei mir. 

Dieser Artikel wurde bereits am 06. Januar 2022 in leicht abgewandelter Form auf meiner Webseite www.maria-chiariello.de veröffentlicht. Ich habe den Artikel überarbeitet und der aktuellen Zeit angepasst. 

Artista

Artista | Maria Chiariello

Ich bin Berufskünstlerin und Mentorin. Hier schreibe ich über künstlerisch-kreatives Potenzial in beruflichen Kontexten. Ich freue mich, wenn ich inspirieren kann.

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